Tag 8-2: Lean – hat das was mit Knochen zu tun?

Gruppenbild
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Zum Abschluss des letzten Tages wartete nochmals ein besonderes Highlight auf uns:

Ein Treffen mit Herrn Takenouchi, einer ehemaligen Führungskraft von Toyota. Dieser hat es geschafft, als einer der wenigen Quereinsteiger bei Toyota eingestellt zu werden und verantwortete zum Ende seiner beruflichen Laufbahn ein Team von mehreren hundert Mitarbeitern in der innerbetrieblichen Logistik.

Nach der kurzen Vorstellung sind wir direkt in die Fragestunde eingestiegen und diese entpuppte sich als eines der Highlights unserer Reise. Herr Takenouchi beantwortete all unsere Fragen sehr ausführlich mit seiner gewaltigen Expertise aus der ganz eigenen Toyota-Perspektive.

Erklärung der KANBAN-Auslegung bei TOYOTA
Erklärung der KANBAN-Auslegung bei TOYOTA

Nach einigen technischen Fragen zur Werkslogistik behandelten wir vor allem die Frage, wie es Toyota gelingt, dass alle Mitarbeiter die Kultur des Toyota Produktionssystems verinnerlichen und tatsächlich danach handeln. Herr Takenouchi erklärte uns hierbei ausführlich den standardisierten Ausbildungsplan, der sich über die gesamte lebenslage Betriebszugehörigkeit erstreckt. Gerade hier überließe Toyota nichts dem Zufall.

Besonders hervorzuheben ist, dass jeder Mitarbeiter in den ersten sieben Jahren die exakt gleiche Ausbildung erhält und hier vor allem die persönliche Entwicklung des Menschen im Mittelpunkt steht. Auch bei der Einarbeitung am Arbeitsplatz ginge Toyota einen Sonderweg. Es wird wesentlich mehr Zeit in die persönliche Betreuung durch einen erfahrenen Coach investiert als bei anderen Unternehmen.

Uns wurde nun klar, welchen gehörigen Aufwand Toyota in den Erhalt der eigenen Unternehmenskultur steckt. Diese ist der wirkliche Schlüssel zum Erfolg des Unternehmens!

Lean ist eindeutig mehr als das bloße Anwenden von Methoden! Lean ist eine gelebte Unternehmenskultur der Verbesserung.

Apropos Lean – bei der Verabschiedung von Herrn Takenouchi mit einem Geschenk unserer Hochschulgruppe zeigte sich einmal mehr, dass dieser Begriff in Japan komplett unbekannt ist – wir würden nämlich sehr erstaunt gefragt ob Lean denn etwas mit Knochen zu tun habe.

Geschenkübergabe
Geschenkübergabe

Nach einem gemeinsamen Abendessen mit Köstlichkeiten der Region ging es dann tatsächlich noch in eine Karaoke-Bar, wo wir den Abschluss einer wahrhaft gelungenen Studienreise feierten. Ein ganz großer Dank an Herrn Classen und Herrn Dörich für diese unvergessliche Woche. Wir nehmen unfassbar viele Eindrücke mit nach Deutschland, die wir sicherlich noch ein paar Tage verarbeiten werden und streuen werden.

Tag 8-1: Unternehmensbesuch Toyota Motor Kyushu, Inc., Miyata Plant (Lexus-Montage)

“Good product – good idea” – Das ist das Motto des Vorzeige-Werkes der Marke Lexus von Toyota (über eine Million Besucher seit Start of production 1992). Hier werden die Modelle RX, CT, NS und HS hergestellt.

Gruppenbild
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🌐 TOYOTA Motor Kyushu,Ltd (トヨタ自動車九州株式会社 宮田工場)

In dem 1 km² großen Werk werden von 9300 Mitarbeitern 430.000 Fahrzeuge pro Jahr produziert.

Die Mitarbeiter arbeiten im Zweischichtsystem von ( 6:00 – 14:45 / 16:00 – 00:45 ). Hierbei ist die Taktzeit pro Auto variabel und wird monatlich an die Auftragslage angepasst. Die Durchlaufzeit eines Autos von Presswerk bis zum Ende der Montage beträgt 19 Stunden. Möglich wird dies unter anderem dadurch, dass es keinen Puffer zwischen Lackiererei und Endmontage gibt. Im Miyata Plant stellt Toyota Fahrzeuge her, die zu 90% für den ausländischen Markt bestimmt sind.

Nachdem wir uns einen ersten Eindruck über die Produkte geschaffen haben, sind wir per Bus an die Montagelinie gefahren und haben unsere Besichtigung gestartet. Dabei haben wir als Gruppe die folgenden Eindrücke gesammelt:

 

Broschüre 1
Broschüre 1

 

Broschüre 2

Broschüre 2

Angefangen bei der Montagelogistik zeigt sich, dass keine Gabelstapler in die Montage und innerhalb der Montage fahren. Dies dient dem Vermeiden der Verschmutzung von außen. Routenzüge und fahrerlose Transportsysteme stellen weitestgehend vorkommissioniertes Material an der Linie bereit (ca. 30.000 Komponenten pro Auto, ca. 90 mögliche Spiegelvarianten). Dabei ist bemerkenswert, dass auch viele Vormontage-Tätigkeiten von den Logistik-Mitarbeitern der Bandmontage vorgelagert durchgeführt werden.

Die Montagestationen sind flexibel gestaltet, sodass die Montagereihenfolge, wie auch der Arbeitsinhalt pro Station verändert werden kann, was eine Voraussetzung für den stationsbezogenen Kaizen (Verbesserungsprozess) ist.

Wie bei Toyota erwartet, stecken die pfiffigen Lösungen im Detail. Zum Beispiel werden alle KLT (Kleinladungsträger) nur mit durchsichtigen Deckeln abgeschlossen, sodass der Mitarbeiter stets visuell über den Inhalt Bescheid weiß.

Zur Montage:

  • Schrauben angebracht an der Stoßstange mit Tüten und Klebestreifen (vorkommissioniert)
  • Handhabungsgeräte, welche in Schienen geführt sind und flexibel auf die Stationen verteilt werden können

Zum Produktionssystem:

  • Andon-Board an der Linie und über alle Linien
  • Unterstützung durch Hanchos an der Linie mittels Rufknopf direkt am Montagewagen
  • Automatisierung nur dann wenn die Arbeit (Ergonomie) für den Menschen zu anstrengend ist (Reifenmontage)
  • Niedrige Bestände an der Linie und alle Teile sind vorkommissioniert und in Sequenz
  • Stop-Kreuzungen: Mitarbeiter und Routenzüge stoppen und schauen (und zeigen aktiv mit dem Finger) nach rechts, links, oben, unten und überqueren erst dann den Kreuzungsbereich
  • Geradeausläuferquote von 99,5%
  • Verbesserung sind schnell umsetzbar, weil die Linieninfrastruktur einfach und flexibel gestaltet ist.
  • Zuführungen aus Kunststoff oder Schaumstoff

Der Besuch bei Toyota war zum Abschluss der Reise noch ein weiteres Highlight. Als nächstes steht die Diskussion mit einer ehemaligen Toyota-Führungskraft an.

Infobildschirm 2
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Infobildschirm 2
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Tag 6-1: Im Zeichen der Automobilindustrie – Unternehmensbesuch TOYOTA

Gruppenbild Toyota
Gruppenbild Toyota

Auch am heutigen Tag ging es wieder früh am Morgen los: Nach insgesamt drei eng getakteten Umstiegen und mit all unserem Gepäck machten wir uns auf den Weg zu Toyota in deren Vorzeigewerk Motomachi in Nagoya. Die Ansprüche an diesen Besuch waren natürlich sehr hoch, wir besuchten immerhin die Geburtsstätte des weltweit bekannten und oftmals imitierten Toyota Produktionssystems.

Erwartet hat uns ein perfekt getakteter und standardisierter Rundgang: während der Busfahrt zur Werkshalle, genauso wie im Werk, hat uns unsere englischsprechende japanische Führerin durch ihre unglaublich höfliche Art beeindruckt. Da die Führung öffentlich und für ein breites Publikum bestimmt war, wurden zunächst viele Standardbegriffe des Toyota Produktionssystems eingeführt: sowohl die Steuerung durch Kanban als auch Jidoka und Poka Yoka wurden nochmals in ihren Grundzügen erklärt. Außerdem konnten wir an einem für Trainingszwecke angelegten Hands-On Center unsere Montagefähigkeiten unter Beweis stellen.

Unser Hauptfokus während der Führung lag aber vielmehr auf der Beobachtung der sehr interessanten Montageprozesse der Modelle Crown, Mark X und MIRAI und den dazugehörigen Logistikprozessen:

  • Generell auffallend war wie wenig Mitarbeiter im Vergleich zur Größe der Montagelinie beschäftigt waren und wie ruhig und konzentriert, aber dennoch effizient diese gearbeitet haben.
  • Außerdem war gut zu sehen, dass der Aufbau der Montagelinie auf ständige Veränderung ausgelegt ist: in der Materialbereitstellung werden beispielsweise durchweg einfache, kostengünstige Lösungen verwendet, die schnell und flexibel einsatzbereit sind.
  • Ein Beispiel für einfache Lösungen zeigt sich auch in der Gestaltung der Transportfahrzeuge: Abstandshalter aus Pappkarton am Routenfahrzeug schaffen das Bewusstsein der Fahrer für die Breite der anhängenden Transportwagen. Ein grüner Pfeil in Fahrtrichtung erinnert den Fahrer daran während einer beladenen Fahrt nur vorwärts zu fahren, um einem Verkanten der Achsen der Transportwagen vorzubeugen.
  • Spannend bei den Laufwegen und Logistikarbeiten der Mitarbeiter war die Unterstützung der ausgeführten Tätigkeiten über diverse Handbewegungen: bei der Überquerung eines Transportweges hält der Mitarbeiter zunächst an der STOPP-Markierung an, zeigt und schaut gleichzeitig nach rechts und links, um sich eines freien Weges zu überzeugen. Auch die Routenzüge kündigen jede Überholaktion durch ein kurzes Hupen an.

Dieser Besuch wird nicht unsere einzige Möglichkeit bleiben, Eindrücke von Toyota zu sammeln. Der krönende Abschluss der Studienreise am Freitag steht komplett im Zeichen von Toyota: Wir werden sowohl ein weiteres Werk besichtigen als auch einen ehemaligen Toyota-Manager im persönlichen Gespräch mit Fragen löchern können. Wir sind gespannt und freuen uns sehr!